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30. April 2025
Design-Ikonen abseits des Mainstreams – wie Wega, Sonab, Fostex und Yamaha Klangkultur und Formgefühl neu definierten.
Die Nachkriegsära war auch die Zeit des «Wirtschaftswunders», wie es in Deutschland hiess. Nur anfänglich war es um Befriedigung von Grundbedürfnissen gegangen. Kein Wunder also, dass zwischen den 1960er und den 1980er Jahren vor allem in Nischen herausragendes Design entstand. Nicht nur in Deutschland bei Radio und TV (Braun, Wega, Loewe), sondern ebenso in Dänemark (B&O), Italien (Brionvega, Voxson), Japan (Fostex, Nakamichi, Yamaha), Schweden (Sonab) und im Vereinigten Königreich (Quad, Lecson, Meridien).
Liebhaber und Spezialisten sehen diese Phase als die eines «soulful design» (https://www.massmadesoul.com), weil diese Objekte sogar im digitalen Zeitalter noch jüngere Menschen durch ihr Aussehen in ihren Bann zu ziehen vermögen.
Sie bieten Inspiration und Benutzervergnügen, wie es digitale «User» im Dschungel der Ebenen ob der Komplexität von Funktionen kaum erleben. Für viele Kunden, die sich für Produkte aus dem Kreis dieser Anbieter entschieden, ergab das einen Mehrwert, an den die wenigsten Hersteller vor der Präsentation gedacht haben dürften: ein «ansehnlicher» Mehrwert – im besten Sinn des Wortes. Dieser Text widmet sich ein paar dieser Marken.
In Stuttgart wurde 1923 die «Württembergische Radio-Gesellschaft m.b.H.» gegründet. Im Umfeld zum Thema Design fiel deren Markenname WEGA erstmals 1962 auf: dank einem Prototyp, der wohl dem Erfolg des «Schneewittchensargs» (BRAUN AG) geschuldet ist.
Ein Jahr später stellte WEGA eine Stereoanlage vor, die ähnlich wie ein Jahr später Brionvega in Italien als Ausdruck eines zeitgenössischen Verständnisses vom Wohnen und dem Radio- oder Schallplattengenuss interpretiert werden kann. Für das Design dieser Anlage (WEGA 3300) zeichnete Verner Panton verantwortlich, damals überaus umtriebig und sehr erfolgreich; so etwas, was heute gern als «Stardesigner» tituliert wird.
Einmal dem Markt hinterher, einmal vorweg. Im Verhältnis zu B&O oder BRAUN hatte auch WEGA ganz offensichtlich Ambitionen, aber eine klare Linie fehlte. Die entstand erst, als ab 1969 der Designer Hartmut Esslinger (frogdesign) für das Design bei WEGA verantwortlich zeichnete.
Esslinger blieb auch der Designpartner, nachdem 1975 eine Tochtergesellschaft von SONY die Schwaben übernommen hatte. Über knapp ein Jahrzehnt entstanden diverse Stereoanlagen und TV-Geräte, denen nahezu sämtlich Technik von SONY innewohnte, die sich aber sowohl von den zumeist schwarzen japanischen Boxen ebenso unterschieden wie vom Design bei B&O oder BRAUN. WEGA zelebrierte Technik. Wäre die Relation Leuchten, Kippschalter und Regler preisentscheidend, dann gab es bei WEGA seinerzeit weit mehr fürs Geld als bei allen anderen Anbietern.
Um 1983 war frogdesign vor allem in Cupertino (USA) aktiv und wurde zum Apple-Partner bei der Entwicklung der «Snow White» bezeichneten Linien, wiedermal liess Schneewittchen grüssen. Später gestaltete frogdesign auch den NEXT Computer (1987). Hatte man sich da bei WEGA bereits völlig verausgabt oder hatte SONY in den 80er Jahren, als am Produktionsstandort Fellbach bereits Triniton-Fernsehgeräte vom Band liefen, kein Interesse mehr am Design? Ohne Einsicht in das Archiv, oder Gespräche mit Zeitzeugen, bleiben die Konturen dieser Zeit obskur. Im Jahr 2005 gab SONY die Marke 2005 schliesslich ganz auf.
Der schwedische Ingenieur Stig Carlsson hatte in den 1950er Jahren mit der Entwicklung von Lautsprechern begonnen. Im Jahr 1966 gründete er die Firma Sonab. Den Namen (deutsch «Ton AG») könnte man auch als Indiz für den Grad der Phantasie unter Ingenieuren interpretieren («Never let an engineer design your message!»).
Ende der 1960er Jahre geriet Sonab in eine schwere Wirtschaftskrise und wurde 1969 von «Statsföretag», einer Staatsholding, zudem ein nationaler Vermögensfonds, übernommen. Dadurch stellte der schwedische Staat dem Ingenieur erhebliche Forschungsressourcen zur Verfügung und wenig später konnten neue Serien präsentiert werden.
Seinen Kultstatus verdankt Sonab den Lautsprechern. Viele dieser Lautsprecher gelten noch heute als Klassiker, aber das konstruktiv aufwendige Design machte ihre Herstellung teuer. Als beliebtestes Modell gilt der Sonab OA-5, der in mehr als 100’000 Exemplaren verkauft wurde. Das Spitzenmodell war der OA-2212, der von der Schwedischen Gesellschaft für Tontechnik als „weltbester Lautsprecher’ bezeichnet“ worden ist.
Im Gegensatz zum konventionell nach vorn abgestrahlten Schall sind bei fast allen Sonab-Modellen die Lautsprechereinheiten (von Hoch- bis Tieftönern) nach oben gerichtet. So trägt der «reflektierte Schall von Decke und Wand […] zum Stereo-Erlebnis bei». «Neben den Lautsprechern wurden unter der Marke Sonab auch Receiver, Kassettendecks und Plattenspieler vertrieben, diese wurden jedoch von anderen Firmen hergestellt. So wurde der Receiver R4000 in Grossbritannien hergestellt, das Kassettendeck C500 stammt von Nakamichi (Design: Clas-Göran Wanning) und die beiden Plattenspieler 75S und 85S, sowie der Receiver R7000 stammten von Yamaha (Der 75S entspricht dem YP-400, der 85S dem YP-500 von Yamaha)».
1978 stellte die Statsföretag Sonab und damit die gesamte Lautsprecherproduktion ein, nachdem in rund 12 Jahren rund 100 Millionen Kronen (entsprechen inflationsbereinigt rund 58 Millionen Euro heute) verbrannt worden waren.
Danach produzierte Stig Carlsson Lautsprecher in einer kleinen Fabrik in Skillingaryd. Sie wurden bis zu seinem Tod 1997 unter der Marke «Carlsson» verkauft. Ihm zufolge sollte ein Lautsprecher in jedem gewöhnlichen Wohnzimmer seine bestmögliche Wirkung entfalten, nicht nur in speziellen Hörstudios. Und das taten sie, nicht so teuer wie Elektrostaten, dabei eine Klasse für sich und in der Produktion dennoch zu teuer. Oft wird Sonab als Pendant zur Automarke SAAB im Hifi-Segment beschrieben.
Zwei herausragende Designleistungen dürfen hier nicht fehlen. Yamaha wurde bereits im Kontext zu Sonab erwähnt. Im gleichen Zeitraum produzierte der japanische Anbieter den von Mario Bellini gestalteten Cassettenrecorder TC 800 (produziert von 1975 bis 1978 in 2 Farben; grau und weiss in 3 Entwicklungsstufen).
Bis in die 70er Jahre hatte die «Foster Electric Co, Ltd.» vor allem einen Namen als Produzent von Lautsprechern, auch für andere Anbieter, bevor man sich der professionellen Tonbandtechnik zuwandte. Gegen Ende der 1980er Jahre sah man mit dem Aufkommen von Techno, Rap und ähnlichen Musikrichtungen eine Marktchance für sogenannte Mehrkanal-Aufnahmegeräte (Multitracker). Deren Design glich marktorientiert (wie auch das anderer Anbieter, z.B. TEAC) Studiomischpulten.
Autor: Klaus Leuschel
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