Die Enter Technikwelt erleben
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16. January 2025
Diese Arbeit ist im Rahmen eines Seminars «Technikgeschichte erleben» der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW unter der Leitung von Dr. Roswitha Dubach und Dr. Felix Wirth, Leiter Ausstellung und Vermittlung Enter Technikwelt, entstanden.
Er ist bunt, heute noch Kult, und stand lange Zeit auf unserem Schulpult. Den Apple iMac G3 findet man sogar in der Zeitreiseausstellung der Enter Technikwelt Solothurn auf einem Schulpult vor einer Wandtafel wieder. Aber wieso hatte genau dieses Produkt so Erfolg in den Schulen? Und stimmt diese Behauptung überhaupt, oder ist das alles nur eine falsche Erinnerung? Um diese Frage zu beantworten ist es wichtig zu verstehen, was den 1998 herausgebrachten iMac G3 so speziell machte.
Der Name
Bereits der Name des iMacs war Bestandteil der neuen Design-Philosophie: der Wortteil «Mac» von Macintosh und das «i» für Internet, da der iMac erstmals ein Modem verbaut hatte. [1, p. 157] Später stand das i auch für Begriffe wie innovativ, individuell und imaginativ. Dieses Element findet sich in späteren Produkten wie dem iPod und dem iPhone wieder und wurde zu einem Markenzeichen von Apple. Auch andere Unternehmen adoptierten das «i», wie etwa die BBC mit ihrem «iPlayer».
Das Design
Zur damaligen Zeit waren Computer in erster Linie etwas für Technikfans oder Menschen, die damit arbeiten wollten: Der typische Computer war ein beiges Ungetüm, bei dem einzig die inneren Werte zählten. Als Verkaufsargumente für dieses oder jenes Modell wurden vor allem die Gerätespezifikationen benutzt: wie schnell ist er? Was für Speicherkapazitäten hat er? Welche Anschlüsse sind vorhanden? Der Kauf eines PCs setzte daher technisches Wissen voraus. Andernfalls war es schwer, aus den zahlreichen Geräten das richtige auszuwählen. Diese Komplexität führte dazu, dass viele Menschen technikscheu waren und den Umgang mit Computern mieden. [1, p. 143]
Bei der Entwicklung des iMac standen im Gegensatz dazu Emotionen im Vordergrund: Statt technischer Fragen wie «Wie schnell soll der Prozessor sein?» fragte sich das Team um Jonathan Ive «Wie sollen sich Menschen fühlen, wenn sie den Computer benutzen?». [1, p. 142] Damit stellte Apple den Produktionsprozess auf den Kopf: Das Innenleben musste sich dem Design anpassen, nicht umgekehrt. Geleitet von diesen Überlegungen entstand ein verspieltes, durchsichtiges Design mit Tragegriff. Dieser war nicht besonders praktisch, suggerierte aber, dass das Gerät angefasst werden darf. Die auffällige, durchsichtige Hülle ermöglichte Einblicke in das Innenleben des Computers und weckte so Neugierde. Diese Sichtbarkeit der Technologie entmystifizierte sie und machte sie für den Durchschnittsmenschen zugänglicher. Das transparente Gehäuse war keine völlig neue Designidee: Bereits zuvor hatte Apple einige Produkte mit einer ähnlichen Ästhetik auf den Markt gebracht. [1, p. 150] Doch erst durch die Popularität des iMac G3 begannen andere Hersteller, ebenfalls transparente Kunststoffgehäuse für eine Vielzahl von Geräten zu verwenden – von Spielkonsolen und CD-Playern über Telefone bis hin zu aufblasbaren Sitzmöbeln, Staubsaugern und Büroklammern: Alles musste nun aus farbigem, transparentem Kunststoff gefertigt sein.
Das Design des iMac G3 fand bei den Konsument:innen grossen Anklang. Das durchsichtige, farbige Gehäuse war ein Hingucker und hatte den beabsichtigten Effekt: Plötzlich wollten Menschen einen Computer, die zuvor nie einen haben wollten. Der iMac machte den Computer massentauglich und unterstützte die Transformation vom reinen Arbeitsgerät zum modischen Alltagsgegenstand. [1, p. 163]
Das Innenleben
Auch bei der Entwicklung ihrer Hardware ging Apple neue Wege. Im durchscheinenden, farbenfrohen Kunststoffgehäuse wurde der iMac von einem 233 MHz PowerPC G3 Prozessor angetrieben, begleitet von 32 MB RAM (erweiterbar auf 128 MB) und einer 4 GB Festplatte. Zusätzlich beinhaltete die erste iMac Generation ein CDROM-Laufwerk. Ein 15-Zoll-CRT-Display und integrierte Stereolautsprecher rundeten die Ausstattung ab. Im Vergleich zu anderen vergleichbaren Modellen war der iMac allerdings nicht besonders leistungsstark, wie man auch im untenstehenden Vergleich gut sehen kann [2]: Die Rechenleistung des iMacs wurde aber ganz ohne Einsatz eines Ventilators erreicht, um den kleinen Formfaktor des Gehäuses zu ermöglichen [7]. Speziell zu erwähnen ist zudem, dass es sich beim Compaq Presario 3060 ebenfalls um einen All-In-One Computer handelt, welcher die Komponenten, den Monitor wie auch die Lautsprecher in einem Gehäuse unterbringt [6]. Diese Bauart gab es also bereits vor dem iMac G3.
Ebenfalls eine mutige Entscheidung war der Verzicht auf ein Diskettenlaufwerk – ein Schritt, dem viele skeptisch gegenüberstanden. Steve Jobs setzte stattdessen auf die Verwendung eines CD-ROM-Laufwerks und hatte eine sehr genaue Vorstellung davon, wie dieses aussehen sollte. Nach seiner Vision des iMac G3 musste dieser ein optisches Laufwerk mit Einzug besitzen. Die erste Version wurde jedoch mit einem Facheinschub hergestellt, weshalb er die Produkteinführung beinahe abgesagt hatte. Erst nachdem ihm versichert wurde, dass künftige Versionen ein Laufwerk mit Einzug besitzen werden, liess er die Einführung wie geplant zu. [8]
Auch in der Auswahl der Anschlüsse war der iMac richtungsweisend. Anstelle von seriellen Schnittstellen wie PS/2 oder ADB verfügte er über zwei USB-Anschlüsse, was Apples Abkehr von älteren Anschlüssen markierte. Diese Entscheidung war entscheidend für die Popularisierung des USB-Standards und beeinflusste Peripheriegerätehersteller, diesen zu übernehmen. Zudem erleichterte die Einbindung eines 56k-Modems den Internetzugang, eine wachsende Notwendigkeit zu jener Zeit. [9]
Der iMac macht Schule
Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass Apple schon lange vor dem iMac G3 die Strategie verfolgte, Schulen, damals vor allem noch in den USA, als Kundschaft zu gewinnen [10]. Mit ihrem langjährigen Apple Education Programm halten sie auch heute noch an dieser Philosophie fest. Weil in der Schweiz jede Gemeinde selbst darüber entscheidet, welche Infrastruktur sie anschafft, konnte Apple hierzulande ihre Strategie der direkten Massenangebote nicht nutzen. Dennoch fand man im Jahr 2002 in der Hälfte aller Schweizer Schulzimmer AppleComputer. [11] Gerade, weil jede Schule individuell entscheiden konnte, gibt es keine allgemeine Antwort auf die Frage, wieso dieser hohe Anteil zustande kam. Allerdings lassen sich in Erfahrungsberichten einige Werte finden, welche die iMac und Apple-Verteilung erklären können.
Gerade die erleichterte Einbindung des Modems, aber auch den als einfach wahrgenommenen Verbindungsaufbau zu Druckern, wird auch heute noch von damaligen Lehrpersonen als Grund genannt, weshalb der iMac an den Schulen geschätzt wurde. Immer wieder wurden in Gesprächen die intuitive Handhabung und einfache Einrichtung des iMacs betont. Diese Betonung der Einfachheit findet man auch in Magazin-Berichten um die Jahrtausendwende. Viele Lehrpersonen haben schon vor der Herausgabe des iMac G3s mit Apple-Computern gearbeitet [12] und machten die Erfahrung, dass sowohl sie wie auch die Schülerinnen und Schüler einen schnellen Einstieg in die Nutzung der Geräte fanden. Der bunte, zuverlässig laufende Computer habe den Beteiligten die Hemmung vor dem Gebrauch der technischen Geräte genommen. Apples Design Philosophie ging also voll auf.
Auch preislich seien die Unterschiede zwischen einem iMac und einem anderen Gerät gering gewesen, wird immer wieder betont. Was der iMac in finanziellem Aufwand mehr benötigte, wurde in personellem Aufwand wieder eingespart, da weniger Fachpersonen für den Support der Geräte benötigt wurden.
Womit wir bei einem weiteren entscheidenden Punkt angekommen wären: Schulen sind und waren darauf angewiesen, bei der Anschaffung von technischer Infrastruktur durch Fachleute und spezialisierte Firmen unterstützt zu werden. Viele Lehrkräfte erinnern sich zum Beispiel an die damalige Firma «Letec», heute Teil der Firma «DQ-Solutions», die sich auf Apple-Produkte spezialisiert hat [13]. Firmen wie «Letec» wurden dafür geschätzt, einen direkten und unkomplizierten Support zu bieten, und wurden deshalb gerne von Schulen engagiert. So fanden noch mehr iMacs ihren Weg in die Klassenzimmer.
Apples Wandel
Ein entscheidender Faktor für die Langlebigkeit des iMac G3 in Schulen war Apples anfängliche Philosophie der Offenheit und Zugänglichkeit. Der iMac G3 war durch detaillierte Servicehandbücher [14] und modulare Hardware so konzipiert, dass Benutzer Reparaturen und Upgrades relativ einfach durchführen konnten. Dies ermöglichte es Bildungseinrichtungen, die Lebensdauer der Geräte weit über ihre ursprünglichen Kaufdaten hinaus zu verlängern, was sie zu einer kosteneffizienten Lösung machte. Mit der Einführung des iBook im Jahr 1999 und später des MacBook Air im Jahr 2008 begann jedoch ein Wandel. Apple führte mit dem MacBook Air neu Solid-State-Laufwerke (SSDs) und ein schlankeres Design ein, und leitete damit eine Ära der eingeschränkten Aufrüstbarkeit ein.
Im Gegensatz zu seinen Vorgängern waren beim MacBook Air einige Komponenten direkt auf das Motherboard gelötet, was Upgrades und Reparaturen für Endbenutzer erschwerte oder sogar verunmöglichte [15] Apples Schritt hin zu proprietären Komponenten und die damit geschaffen Notwendigkeit, zertifizierte Techniker für Reparaturen einzusetzen, schuf ein geschlossenes Ökosystem. Schulen, die zuvor von der Möglichkeit profitiert hatten, ihre Apple-Hardware intern zu warten und aufzurüsten, sahen sich nun mit höheren Kosten und logistischen Herausforderungen konfrontiert, wenn sie weiterhin das Betriebssystem nutzen wollten. In den letzten Jahren hat Apple zwar Reparaturprogramme eingeführt, doch die strengen Anforderungen und hohen Kosten machen es vielen unabhängigen Werkstätten schwer, teilzunehmen. [16] [17] [18] Dies steht im Gegensatz zur offenen Philosophie, die den Erfolg des iMac G3 in den Schulen ursprünglich unterstützt hatte.
Fazit
Durch seine Verbreitung in den Schulen hat der iMac G3 eine ganze Generation von Schüler:innen und Lehrpersonen geprägt und die Art und Weise verändert, wie Computer genutzt und wahrgenommen werden. Der iMac G3 ist nicht nur ein Beispiel für technologische Innovation und kreatives Design, sondern auch ein Symbol für den Wandel in der Computerbranche. Seine Mischung aus Benutzerfreundlichkeit, attraktivem Design und praktischen Funktionen machte ihn zu einem optimalen Produkt für die damalige Bildungsbranche. In der Enter Technikwelt Solothurn lebt dieser Geist weiter und erinnert uns daran, wie sehr ein einzelnes Produkt die Technikwelt verändern kann.
Autoren: Antonia Bonfa Flurina Riner Alexander Shanmugam Rami Tarabishi
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